Die Schülerinnen und Schüler aus Integrationsklassen der Oberschule In den Sandwehen, ihre Lehrerinnen, die Senioren und die Mitarbeitenden im Kursana Domizil Bremen freuen sich über das produktive Miteinander beim Projekt „Jung trifft Alt“. ©Kursana

 
26.06.2024

Starkes Miteinander trotz Handicaps

Das Kursana Domizil Bremen und die Oberschule In den Sandwehen starten mit „Jung trifft Alt“ eine erfolgreiche Kooperation zur Integration von Schülerinnen und Schülern mit erhöhtem Förderbedarf

Wenn die elf „Donnerstags-Schüler“ von der Oberschule In den Sandwehen einmal wöchentlich zum Spielen ins Kursana Domizil Bremen kommen, werden sie von den Senioren der Pflegeeinrichtung bereits sehnsüchtig erwartet. In zwei Monaten haben sich zwischen Jung und Alt bereits freundschaftliche Beziehungen entwickelt, so dass einige Neuntklässler bereits „Lieblings-Bewohner“ haben, mit denen sie eine gute Stunde lang spielen, klönen und eine Menge Spaß haben. Wer genau hinschaut, stellt fest, dass nicht nur die Senioren in der Runde von Einschränkungen betroffen sind. Auch die Teenager aus zwei Integrationsklassen, die bei den Besuchen von ihren beiden Lehrerinnen und zwei Klassenassistenzen unterstützt werden, haben aufgrund von Entwicklungsverzögerungen einen erhöhten Förderbedarf. In der Praxis ergänzen sich die jungen und alten Menschen mit Handicap prima und blühen durch das schöne Miteinander sichtbar auf.

„Was als Experiment begann, hat sich zu einer richtigen Erfolgsgeschichte entwickelt“, sagt Sonderpädagogin Julia Schwarze. „Wir freuen uns darüber, dass unsere Schüler im Domizil mit offenen Armen empfangen werden und durch die positiven Erfahrungen im Haus an Selbstbewusstsein gewonnen haben. Deshalb möchten die Schüler unbedingt nach den Sommerferien wiederkommen. Und wir haben die Kooperation für die Zukunft fest in unseren Lehrplan aufgenommen.“

Die Treffen wurden in der Schule vorbereitet, indem die Schüler einfache Spiele gebastelt und die Spielregeln gelernt haben. Im Domizil erklären sie den Senioren die Regeln, beantworten Fragen, passen auf und korrigieren. Während die Schüler im Schulalltag durch ihre Lernschwierigkeiten immer mit ihren Einschränkungen konfrontiert sind, erleben sie sich in der Pflegeeinrichtung eher in der Rolle der Helfenden: So erklären sie beispielsweise seheingeschränkten Senioren genau das Spielfeld, schieben sie im Rollstuhl und lassen ihnen im Fahrstuhl den Vortritt. „Ich bin davon beeindruckt, wie rücksichtsvoll und empathisch die Teenager mit unseren Bewohnern umgehen“, sagt Jennifer Kerschek. Die Leiterin der sozialen Betreuung hat sich aufgrund der guten Erfahrungen dafür eingesetzt, dass ein 15-jähriger Schüler aus der Gruppe nach den Sommerferien ein dreiwöchiges Berufspraktikum in der Betreuung absolvieren kann.

„Solche Chancen ergeben sich für unsere Schüler mit erhöhtem Förderbedarf meist nur aufgrund persönlicher Kontakte“, sagt Lehrerin Sarah Hartbrecht, die die Teenager auch als Berufsberaterin betreut. „Auch wenn sie nach ihrem Schulabschluss vielleicht keine Ausbildung schaffen, so könnten sie doch in einer Pflegeeinrichtung im Service oder der Wäscherei arbeiten oder bei der Betreuung unterstützen.“ Die Sonderpädagogin hofft, dass der Fachkräftemangel den Schülern mit Handicap neue Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt eröffnet. „Das Miteinander im Domizil zeigt, dass sich Schwächen durchaus zu Stärken entwickeln können.“

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