Lien Händel (13, li.) und Antonia Vogt (15) besuchen mit den Bewohnerinnen Ingeborg Steckler (96, li.) und Lieselotte Jentzsch (92) das Abschlussfest der Projektwoche. © Kursana

 
13.08.2015

Alt trifft Jung: „Da bleiben Missverständnisse auf der Strecke.“

Die beiden Schülerinnen vom Kaiser-Wilhelm und Ratsgymnasium verbrachten ihre Projektwoche mit den Senioren in der Kursana Villa Hannover.

Für Lien Händel (13) und ihre Freundin Antonia Vogt (15) war das Thema „Alt trifft Jung“ im Rahmen der diesjährigen Projektwoche am Kaiser-Wilhelm und Ratsgymnasium allererste Wahl: Beide waren neugierig, hinter die denkmalgeschützte, prächtige Fassade der Kursana Villa Hannover, die im Zooviertel auf ihrem Schulweg liegt, zu blicken und das Leben der Bewohner dort kennenzulernen. „Niemals hätte ich gedacht, dass ein Altenheim so gemütlich sein könnte und der Umgang mit den Pflegekräften so herzlich ist“, sagt Antonia nach der Projektwoche. Und auch Lien zieht eine positive Bilanz: „Ich habe viel mehr Verständnis für alte Menschen bekommen. Jetzt weiß ich, wie ich auf sie zugehen und helfen kann.“

Insgesamt acht Schüler des Gymnasiums hatten sich für das „Alt trifft Jung“-Projekt in ihrer Nachbarschaft entschieden. Mit etwas mulmigen Gefühlen gingen die Teenager am ersten Tag in die Kennenlernrunde mit den Senioren, da die meisten von ihnen im Alltag kaum Kontakt zu alten Menschen haben. „Ich war als Kind bei meiner Uroma im Pflegeheim. Damals hat mir der Umgang mit dementen Bewohnern ein bisschen Angst gemacht“, erzählt Antonia. „Umso erstaunter war ich, dass ich mich hier mit einem Herrn über 90 über ganz aktuelle Themen unterhalten konnte. Er war super informiert und konnte sich  hervorragend ausdrücken.“

Als besondere Herausforderung erlebten die Schülerinnen, mit den Senioren an Spielerunden teilzunehmen und zu erleben, dass einigen mittlerweile die Spielregeln abhanden gekommen sind. „Manche wussten nicht mehr, wozu ein Würfel benutzt wird“, staunte Antonia. „Da muss man sich schon etwas einfallen lassen, um das gut zu erklären.“ Lien beobachtete immer wieder, dass Bewohner zwischendurch einschliefen. „Sie konnten sich wohl nicht solange konzentrieren“, meint sie. „Aber das habe ich nicht persönlich genommen. Früher hat mich gekränkt, wenn die Freundinnen meiner Oma mir nicht zugehört  haben. Ich habe gedacht, sie interessieren sich nicht für mich.“

Die beiden Teenager empfanden es als großen Vertrauensbeweis, dass sie Bewohnerinnen im Rollstuhl zu einem Gegenbesuch in ihrer Schule fahren durften. Dazu gab es erst einmal eine Einweisung, wie Bordsteine und andere Hindernisse zu überwinden sind. „Das muss man wissen, um den alten Menschen nicht wehzutun“, sagt Lien. „Jetzt hat sich mein Blick total verändert: Ich achte viel mehr darauf, ob Wege barrierefrei sind.“

Dass die Bewohner sich die Schule zeigen ließen, den Teenagern Fragen zum Umgang mit dem Computer stellten und sich schließlich sogar ins Getümmel des Abschlussfestes der Projektwoche stürzten, hat die Schülerinnen sehr gefreut. Gemeinsam mixten Jung und Alt die  Cocktails aus den Fruchtsäften, die die Kursana Villa für das Schulfest spendiert hat. „Jetzt wissen beide Seiten viel mehr darüber, wie es in der Welt des anderen zugeht“, sagt Lien. „Durch solche Begegnungen bleiben bestimmt viele Missverständnisse auf der Strecke.“ Und Antonia kann sich nach dem Projekt sogar vorstellen, dass ihr ein sozialer Beruf, in dem sie mit alten Menschen zu tun hat, Spaß machen würde. „Vielleicht mache ich mal ein Praktikum im Pflegeheim“, sagt sie.

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