Beim Seminar ging es um die Frage, wie man Märchen in der Arbeit mit Demenzkranken eingesetzten kann. Symbole spielen eine Rolle: Ein langer Zopf oder ein Schuh und schon erinnern sich viele an Aschenputtel und Rapunzel.

 
14.01.2018

Märchenhafte Brücken bauen

Künzell. Im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen spielt der richtige Zugang zu den Betroffenen eine entscheidende Rolle, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Eine erfolgreiche Methode für einen Brückenbau in die Erinnerung sind Märchen. Schneewittchen, Aschenputtel, Rotkäppchen oder Rapunzel haben sich im Langzeitgedächtnis fest verankert und selbst im hohen Alter und trotz einer Demenzerkrankung erinnern sich Senioren oft noch genau an die Geschichten aus Kindheitstagen, von denen viele von den Brüder Grimm aufgeschrieben wurden.

 

Wie Märchen in der Arbeit mit Menschen mit Demenz sinnvoll eingesetzt werden können und welche positive Wirkung sie haben, das hat jetzt Maren Brandt, Diplom-Pflegewirtin und Märchenerzählerin aus Fulda rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kursana Domizil Künzell in einem Seminar erläutert. Die Fachkräfte arbeiten in der Pflegeeinrichtung täglich mit an Demenz Erkrankten zusammen und haben von der Fachfrau viel über die positive Wirkung der Märchen gelernt.

Märchen sind für Maren Brandt ganz besondere Geschichten, die zu einem wichtigen Bestandteil der Arbeit mit den Senioren werden können. Das Entscheidende an den Erzählungen von Schneewittchen & Co sind die ihr ihnen innewohnenden ewigen Beweggründe des Menschlichen. Märchen stecken voller starker Gefühle, denn es geht um Risiko, Mut, Gefahr, Willensstärke und Glück, dafür sorgt das Happy End.

Wer sich den Märchen hingibt, wird feststellen, die Story startet meist erbärmlich, und sie endet königlich. Obwohl viele Geschichten schon vor Jahrhunderten aufgeschrieben wurden, sind die Märchen nach Ansicht der Referentin immer aktuell und über Zeit und Raum erhaben. Und vieles dreht sich um ganz menschliche Bedürfnisse nach Sicherheit, Wiedererkennen und Geborgenheit.

Märchen als Brücke ins Gedächtnis, das funktioniert beim regelmäßigen, professionellen und strukturierten Märchenerzählen gut über die Sprache, beispielsweise wenn der Satz „Knusper, knusper, knäuschen fällt.“ Die Kursana-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter haben von Maren Brandt im Seminar auch erfahren, dass der Einsatz wichtiger Symbole Wunder bewirken kann.

Wenn man etwa beim Märchenerzählen einen Damen-Schuh oder ein Spieglein an der Wand oder einen langen Zopf ins Spiel bringt, fühlen oftmals sogar die stillsten und scheinbar teilnahmslos dasitzenden Senioren sich berührt. Sie reagieren auf ganz unterschiedliche Weise. Die Fachkräfte des Kursana Domizils haben von der Seminarleiterin mehr darüber erfahren, wie die Märchen bei an Demenz erkrankten Menschen Kompetenzen aktivieren, die verschüttet geglaubt waren.

Auffallend in der Praxis ist, dass durch die Märchen sogenannte herausfordernde Verhaltensweisen, früher hieß das Verhaltensauffälligkeit oder -störung, ausbleiben. Untersuchungen bei Studien haben gezeigt, dass Betroffene, die manchmal apathisch und passiv sind, sich an der interaktiven Märchenerzählung beteiligen und Freude zeigen. Außerdem lassen Angst und Depression nach.

Der märchenhafte Brückenbau wird im Kursana Domizil durch den Fortbildungskurs künftig einen noch größeren Stellenwert erhalten. „Die Methode gibt uns vielfältige Möglichkeiten, für mehr Entspannung und Wohlbefinden bei unseren Bewohnerinnen und Bewohner zu sorgen. Auf der Basis einer fördernden und wertschätzenden Haltung werden wir künftig stärker unsere Märchenstunden als Ritual ausbauen“, sagt Pflegedienstleiterin Charlotte Schwarz-Kaul.

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