Janina Kubrat, Gisela Brand, Nicole Stahl und Ilse Winterberg (v.l.) genossen die gemeinsamen Aktivitäten während der Projektwoche. Copyright: Kursana

 
13.08.2015

Mehr Verständnis für alte Menschen

Zwei Auszubildende zur Krankenpflegerin aus dem Krankenhaus Reinbek verbrachten eine Projektwoche mit dementiell erkrankten Bewohnern der Kursana Villa Reinbek.

Das Motto für ihre Projektwoche „Alter Mensch“ hat Krankenpflege-Schülerin Janina Kubrat gleich am ersten Tag gefunden: Auf einem Kalender in der Kursana Villa Reinbek entdeckte die 30-jährige Auszubildende den Spruch „Gute Menschen sind ansteckend“. „Der Satz hat mich angesprochen“, sagt Janina Kubrat. „Ich habe mich schon oft gefragt, wie ich mit meinem Verhalten dazu beitragen kann, dass es einem Patienten besser geht.“ Zusammen mit ihrer Mitschülerin Nicole Stahl (20) verbrachte die junge Frau eine Projektwoche zum Thema „Alter Mensch“ in der Kursana Villa Reinbek, um mehr über die Bedürfnisse dementiell erkrankter Senioren zu erfahren.

Jede der Auszubildenden von der Gesundheits- und Krankenpflegeschule im Reinbeker Krankenhaus „St. Adolf Stift“ begleitete eine Bewohnerin der Villa in ihrem Alltag. „Ich habe mit Frau Winterberg die Sitzgymnastik, die Zeitungsrunde, den Backkreis und das Gedächtnistraining besucht“, erzählt Nicole Stahl. „Wir sind aber auch zusammen spazieren und einkaufen gegangen und haben gemeinsam Couscous gekocht, weil Frau Winterberg das früher so gern gegessen hat.“ Im Mittelpunkt der Projektwoche stand die sogenannte „Biografiearbeit“: In zahlreichen Gesprächen erkundete Nicole Stahl das Leben der 79-jährigen Bewohnerin, die früher viel gereist ist. „Frau Winterberg hat Flamenco getanzt und gern davon erzählt, dass sie sich besonders schöne Röcke zum Tanzen selbst genäht hat“, sagt die Auszubildende und zeigt Fotos, die sie von Ilse Winterberg gemacht hat. „Noch heute zieht sie sich gern extravagant an.“

Janina Kubrat verbrachte die Projektwoche an der Seite der 87-jährige Bewohnerin Gisela Brand. „Frau Brand lebt schon stark in der Vergangenheit“, erzählt die Auszubildende. „Es hat mich sehr berührt, wie lieb und offen sie mir begegnet ist. Und ich war überrascht, wie viele Erinnerungen an früher in unseren Gesprächen hochgekommen sind. Aber dass sie schon einmal im Supermarkt um die Ecke gewesen ist, hatte sie total vergessen.“ Beiden Schülerinnen fiel positiv auf, mit wie viel Ruhe und Geduld die Pflegerinnen in der Villa den dementiell erkrankten Bewohnerinnen begegnen. Und sie fragten sich, was sie davon in den manchmal hektischen Krankenhausalltag mitnehmen können.

„Mit Hektik geht bei alten Menschen gar nichts“, hat Janina Kubrat schon oft festgestellt. „Eigentlich macht es ja auch gar nichts, wenn ich die Dinge immer wieder erklären muss. Wenn ich mich von so etwas verrückt machen lasse, bleibt die Menschlichkeit auf der Strecke.“ Die angehende Krankenschwester hat schon in der Ausbildungspraxis erfahren, dass manchmal eine kleine liebevolle Geste ein Problem lösen und den Arbeitsalltag erleichtern kann. „Ich habe mich schon einmal in der Mittagspause mit meinem Brot zu einer älteren Patientin gesetzt, die partout nicht essen wollte“, sagt sie. „In Gesellschaft hat ihr das Essen wieder geschmeckt.“

Auch Nicole Stahl betont, dass sie in der Projektwoche mehr Mut bekommen hat, sich auf die Gefühlswelt dementiell erkrankter alter Menschen einzulassen. „Wir haben dadurch hier einen guten Draht zu den Bewohnerinnen bekommen und viel zusammen gelacht“, sagt sie. Beide Frauen glauben, dass sie künftig mit kleinen Gesten viel für den „Wohlfühleffekt“ ihrer Patienten im Krankenhaus tun können.

Am Ende ihrer Projektwoche präsentieren die beiden Auszubildenden eine liebevoll angefertigte Collage, die das Leben der Bewohnerinnen und die gemeinsamen Aktivitäten illustriert. Über allem thront der Kalenderspruch „Gute Menschen sind ansteckend“. „Das ist die erste `Krankheit´, zu deren Verbreitung ich gern beitragen möchte“, sagt Janina Kubrat schmunzelnd.

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